in Köln...

Es hätte eine schöne Feier werden können. Alles war bereitet. Die Lichter strahlten hell, das Grün war saftig. Zahlreiche Gäste zierten das weite Rund. Die Hochburg der Narren hatte geladen. Und Union war gekommen, um mitzufeiern. Punktgleich in der Tabelle und seit neun Auswärtsspielen ungeschlagen. Mit dem grünen Karnevalskostüm erhielten die Mannen um Kapitän Michael Parensen problemlos Einlass. Die Spieler des Heimvereins erblassten beim Anblick der Berliner vor Neid. Ihr extra angefertigtes Karnevals-Jersey wirkte doch recht bürgerlich im Vergleich zu den zehn Hulks von der Wuhle. Doch fast hätten die Marvel-Comic-Helden die große Sause verpasst, denn...

... am Spieltag, dem ersten Tag nach den Herbstferien, meldete der Buschfunk schon am frühen Mittag 150 Kilometer Stau auf den Straßen des einwohnerreichsten Bundeslandes. "Egal!", rief Michael Parensen beim Frühstück dem Busfahrer entgegen, der gerade genüsslich Apfelmus auf einen Eierkuchen strich. "Ich kenne mich hier aus. Ich habe schon für den effzeh gespielt", fügte der gebürtige Westfale an und beendete somit die Frage der Anreise. Die Spieler widmeten sich weiter ihrem Frühstück, wobei Martin Dausch besonders angesäuert in seinem gemütlich gepolsterten Sessel hing. Trotz des Fehlens der Spaßkanone Mattuschka hat er vor dem Frühstück von Kardinal Neuhaus erfahren, "es sich unter der mollig warmen Geißbock-Decke" auf der Bank bequem machen zu können. Dabei hatte der zuvor so hochmotivierte Spieler extra sein Haarband lila gefärbt, dem "farbenfrohen Anlass entsprechend", wie der Bayerische Schwabe den bunten Blättern diktierte. Statt seiner durfte Adam Nemec ran. Dieser zwinkerte dem traurigen Dausch während des Frühstücks immerzu an und setzte dazu ein schelmisches Grinsen auf. Zum Abschluss des Essens schnappte sich der Slowake freudig einen Pfannkuchen, biss hinein und spuckte im selben Moment angewidert den Senf-Happen hinaus und bekleckerte sein Tanzmariechen-Kostüm. Ein leises "Haha" ertönte aus dem Munde Martin Dauschs. Der Zeiger stand auf 11:11 Uhr.

Am späten Nachmittag saß die Berliner Schunkel-Gesellschaft abfahrbereit im Bus. Doch es fehlte Stürmer Terodde! Unrhythmisch bewegte sich der Unterkiefer von Trainer Uwe Neuhaus umher und ließ auf eine gewisse Angespanntheit schließen. Assistent Hofschneider reichte ihm zur Beruhigung ein Stück Milka-Schokolade. Neuhaus fing sogleich schmatzend an zu lutschen und verfiel in eine Art Trance-Zustand. Terodde stand währenddessen seelenruhig vor dem goldenen Spiegel in seinem Hotelzimmer und zupfte genüsslich an seinen Haaren herum. Die zottelige Perücke musste schließlich sitzen! Der sonst so geschniegelt aussehende Terodde hatte sich für den feierlichen Anlass etwas ganz besonderes überlegt. Er wollte sich als Art Gafunkel verkleiden und damit dem Folk-Duo Simon & Gafunkel Tribut zollen, dessen Musik er immer wieder auf's Neue in der Kabine anmacht und sogleich auf Geheiß von Ostgut-Musik-Liebhaber Kreilach immer wieder auf's Neue ausmachen muss. "Dem Franz werd ich's zeigen", frohlockte Terodde.

Und so trug es sich zu, dass der Berliner Bus, den übrigens ein großes Konterfei von Kurt Beck zierte, durch die verzögerte Abfahrt in den Stau geriet und erst 37 Minuten vor Partybeginn im Stadion ankam. Dem FC kam die späte Ankunft der Berliner nicht unrecht. Denn auch sie hatten Probleme mit der Anreise eines ihrer Spieler. Patrick Helmes steckte im Mittellandkanal fest. Er wollte unbedingt einem ehemaligen Trainer seine Ausdauer beweisen und von dort aus bis nach Puerto Rico schwimmen! "Bist du ein verrückter Hund!", entfuhr es dem Köln-Coach Peter Stöger. "Nächstes Mal gebe ich dir mein Halstuch mit, das kannst du dir um den Kopf wickeln, damit du beim Schwimmen keinen Sonnenbrand bekommst!" 

Nachdem alle 22 Festspiel-Teilnehmer den Rasen betreten haben, konnten die Spiele nun endlich beginnen. Der als Mohr verkleidete Schiedsrichter ließ die beiden Mannschaftskapitäne jeweils eine Praline kosten. Derjenige, der die Füllung zuerst erraten würde, konnte die Seitenwahl für sich entscheiden. Michael Parensen erkannte den Brandy-Duft jedoch schon vor Einnahme der Praline, dabei ging ihm der Gedanke, ich muss dem Brandy-Dandy heute Abend noch die ausgeliehene Wendy zurückgeben, durch den Kopf. 

Anstoß für Union. Doch STOP! Schiri Drees, Doktor für Gesichts- und Zahn-Chirurgie, wies auf das Protokoll hin, wonach Union-Trainer Neuhaus seine Büttenrede noch nicht vorgetragen hätte. 45 000 Zuschauer kreischten laut auf! Welch Verstoß, welch Unverfrorenheit! "Immer ruhig, liebe Kinder", brüllte Neuhaus in das ihm gereichte Mikrofon und wischte sich die Reste der Milka-Schokolade vom Unterkiefer:

"Alaaf zusammen, liebe Hooligans und Hooliente!
Hoch hängen hier die Trauben,
trotzdem werden wir sie abstauben!
Euer Bollwerk ist schon stark,
doch werden wir hindurchglitschen wie Quark.
Abhängig ist von diesem Spiel weder Wohl noch Wehe,
einzig meine eigne Ehe!
Wir machen uns nicht kleiner als wir sind,
schließlich spielt mit Bigalke bei euch das Kind!
Letztes Jahr waren wir das Kaninchen vor der Schlange,
heute haltet ihr hin eure Wange!
Prost!"

Und... Anstoß!
Doch schon nach wenigen Minuten beschlich die Berliner Tanzbären ein ungutes Gefühl. Hier läuft doch etwas gehörig schief! Niemand wollte mit den grünen Männchen spielen, immerzu nahm man ihnen den Ball weg! Fanden sich mal kleine Grüppchen in einem Teil des Feldes zusammen, so strebten die Kölner sogleich rasend auseinander und ließen die Berliner im trockenen Regen stehen.

"Fabi! Die büchsen dauernd aus," sang der Chanson-Liebhaber Marc Pfertzel zu seinem Abwehrkollegen Fabian Schönheim herüber. "Ja, ich dachte auch, wir würden die Jungens erst einmal kennenlernen, bevor wir Hasche spielen!", antwortete Schönheim. "Und wo sind eigentlich Damir und Baris?", brüllte der mittlerweile erzürnte Schönheim. "Die stehen an der Seitenlinie und lassen sich vom Doc diese hippen vintage-Löcher in die Hosen reißen", erklärte Pfertzel.

Ganz besonders durcheinander wirkte Adam Nemec, der händeringend auf der Suche nach Kapitän und Anspielstation Torsten Mattuschka war. Nachdem er sich das Opernglas von Toni Schumachers Frau geben ließ, erspähte er Tusche Glühwein trinkend auf der Haupttribüne. In den nächsten zehn Minuten schoss Nemec fünf Mal den Ball auf die Tribüne, mit einer solchen Präzision, dass Mattuschka Mühe und Not hatte, den Glühwein nicht zu verschütten.

"Was macht denn unser Knödel da?", brüllte Neuhaus wild herum. Auswechselspieler Mario Eggimann eilte herbei und bot dem Trainer Schokolade an, bei dem nun sowohl Unter- als auch Oberkiefer ein wildes Eigenleben führten. Er lehnte die Schokolade jedoch dankend ab und fragte den Eidgenossen: "Hast du heute kein Bonbon dabei? Ich hätte gern ein Bonbon. Bitte." Eggimann musste ablehnen. Nachdem die Bonbon-Produktion von der Schweiz nach Jamaika verlagert wurde, könne er nicht mehr garantieren, dass in den Bonbons keine verbotenen Substanzen seien.

Neuhaus schaukelte nun in Gedanken verloren auf Jamaika in einer Hängematte herum. Während er an einer Piña Colada nippte, kam ihm ein Einfall! Er brüllte zu Tusche auf die Tribüne: "Tusche, mein Dickerchen! Beweg dich und deinen Glühwein doch bitte hinter das Kölner Tor und wink dem Adam von dort zu!" Tusche machte sich auf den Weg, allerdings kam er mit seiner VIP-Karte nicht in den Block, vor dem das Kölner Tor stand. "Komm schon, du Mensch, lass mich rein! Mein Glühwein ist heiß wie Frittenfett!", versuchte er einen Ordner zu überzeugen. Doch dieser blieb stur. Tusche redete sich in Rage, konnte sich kaum beruhigen und fasste dem Ordner immer und immer wieder an dessen rote Clowns-Nase. Schließlich führte man ihn strampelnd ab. Die umherstehenden, als Geier verkleideten Berichterstatter der bunten Blätter zwitscherten sogleich, Berliner Blocksturm endet in Ausnüchterungszelle!

Währenddessen nahm das Unheil auf dem Rasen seinen Lauf. Die Berliner Spieler beklatschten begeistert die artistischen Zuspiele der Kölner. "Ich find das so schön, was die da machen. Da störe ich doch nicht!", fasste Roberto Puncec seinen Genuss in Worte. Der alte Haudegen Benjamin Köhler saß da schon längst auf einem Camping-Stuhl und suchte die Loge von Lukas Podolski, die dieser sich vor Kurzem kaufte. "Hm... jetzt ne Runde Fifa zocken mit Poldi..." Torhüter Daniel Haas war gerade dabei, aus seinem Schienbeinschoner eine versteckte Zigarette zu holen, da blinkte auf der Video-Leinwand der Hinweis, bitte nicht rauchen, auf. "Verdammt, nicht mal mehr rauchen darf man in diesem Bundesland", urteilte der stets gut informierte Haas. Während sich das Spiel dem Ende zuneigte, beantwortete FC-Trainer Stöger schon die erste Frage eines Express-Journalisten: "Herr Stöger. Was halten sie vom Abriss der Dompilze?"

Abpfiff. Kater.